Englischer Titel: Berlinfever - Wolf Vostell
Regie: Ulrike Ottinger
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Biografie: Ulrike Ottinger wuchs in Konstanz am Bodensee auf, wo sie schon früh ihr eigenes Atelier eröffnete. Von 1962 bis 1968 lebte sie als freie Künstlerin in Paris und stellte dort unter anderem im Salon de la Jeune Peinture aus. 1966 entstand ihr erstes Drehbuch mit dem Titel „Die mongolische Doppelschublade“. Nach ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik gründete sie 1969 in Konstanz den „filmclub visuell“ sowie die Galerie und Edition „galeriepress“, in der sie unter anderem Wolf Vostell und David Hockney präsentierte. Mit Tabea Blumenschein realisierte sie 1972-1973 ihren ersten Film LAOKOON UND SÖHNE, der im Arsenal Berlin uraufgeführt wurde. 1973 zog sie nach Berlin. Die Filme von Ulrike Ottinger erhielten zahlreiche Preise, unter anderem den Preis der Publikumsjury Montréal und den Bundesfilmpreis (Visuelle Gestaltung) für JOHANNA D’ARC OF MONGOLIA (1989), oder den Preis der deutschen Filmkritik für die Dokumentarfilme CHINA. DIE KÜNSTE – DER ALLTAG (1986) und PRATER (2008). Ottingers zwölfstündiger Film CHAMISSOS SCHATTEN, der auf den Spuren Adelbert von Chamissos traumhafte Landschaftsbilder, ethnologische Erkenntnisse und persönliche Erfahrungen verbindet, wurde vom Verband der deutschen Filmkritik als bester Dokumentarfilm 2016 ausgezeichnet. Sie wurden auf den wichtigsten internationalen Festivals gezeigt und vielfach in Retrospektiven gewürdigt, u.a. in der Pariser Cinémathèque française und im New Yorker Museum of Modern Art. Daneben arbeitete Ulrike Ottinger auch als Regisseurin für Theater und Oper und inszenierte unter anderem 2000 am Berliner Ensemble die Uraufführung von „Das Lebewohl“ von Elfriede Jelinek. Von Beginn ihrer künstlerischen Laufbahn an widmete sich Ulrike Ottinger ebenfalls der Fotografie und setzt mit ihren Bildern, die meist parallel zu den Filmarbeiten entstehen, eigene visuelle Akzente. Mit ihren Arbeiten war sie an großen Kunstausstellungen wie der Biennale di Venezia, der Documenta und der Berlin Biennale beteiligt. (www.ulrikeottinger.com)
Land: BRD
Jahr: 1973
Synopsis: Berlin-Fieber
Happening for Ada 1
A) Kommen Sie mit Ihrem Wagen zur Osdorfer Straße in Berlin Lichterfelde (Sackgasse), letztes Stück der Straße auf der rechten Seite.
B) Nehmen Sie Aufstellung mit Ihrem Wagen in 10er-Reihen, so dicht wie möglich mit dem Auto nebeneinander und hintereinander.
C) Auf ein Zeichen hin fahren alle Wagen gleichzeitig los und versuchen so langsam zu fahren, wie es nur möglich ist. Versuchen Sie auch, so dicht hinter und neben den anderen Fahrzeugen zu bleiben.
D) Wenn Sie Begleiter im Auto haben, sollen diese aufschreiben, wieviel Male Sie schalten, kuppeln und Gas geben. Sind Sie alleine im Wagen, versuchen Sie sich über jede kleinste Handlung bewußt zu werden. Addieren Sie in Ihrem Gehirn alle diese Tätigkeiten als psychoästhetische Produktion.
E) Nach 30 Minuten langsamster Fahrt steigen Sie aus dem Wagen aus (Motor abstellen) und gehen zum Kofferraum Ihres Fahrzeuges, dort öffnen und schließen Sie den Kofferraum
750 mal und legen 375 mal einen weißen Teller hinein und nehmen ihn 375 mal wieder hinaus. Dieses Ritual soll möglichst schnell und ohne Unterbrechung realisiert werden, auch ohne Dramatik des Handelns.
F) Ist dieses Ereignis vollzogen, dann legen Sie Stoffbahnen auf die Erde vor der Autokolonne, Ihren weißen Teller aus dem Kofferraum Ihres Wagens legen Sie auf die Stoffbahnen.
G) Eine Handvoll Salz nehmen Sie aus einem Sack, der unter dem größten nahegelegenen Baum steht. Diese Handvoll Salz legen Sie auf den Teller, den Sie vorher auf dem Tuch placiert haben.
H) Danach setzt sich die Wagenkolonne in Gang, wieder in langsamster Fahrt. Alle Wagen überqueren die Tücher mit den Tellern und dem Salz.
I) Während der ganzen Fahrt lecken Sie an der Hand, in der Sie vorher das Salz hatten.
J) Jetzt werden die Motoren wieder abgestellt. Jeder näht seinen überfahrenen Teller (oder die Reste) auf dem Nesseltuch fest. Eine Leiste wird ebenfalls oben angebracht, sowie Draht zum Aufhängen.
K) Jeder geht jetzt mit seinem Tuch zum Baum (wo der Sack Salz steht). Jeder bestimmt, wo im Baum sein Tuch mit dem aufgenähten Teller hängen soll. Durch einen Skylift wird sein Tuch am Baum befestigt.
L) Den Zettel mit den Aufzeichnungen über Kuppeln, Schalten, Gasgeben etc. befestigt jeder im Kofferraum mit dem Tesaband.
M) Bei Ihrem nächsten Fieber holen Sie erst den Zettel aus dem Kofferraum des Wagens und zerreißen ihn.
N) 3 Tage nach dem Happening ,,Autofieber" treffen Sie mit Vostell zusammen in der Akademie der Künste zu einem Gespräch um 18.00 Uhr. Notieren Sie Ihre Träume dieser 3 Tage und bringen Sie diese Aufzeichnungen mit zum Gespräch.
Vostell, 14.9.1973, Berlin
Auto-Fieber
Environment for Ada 1
Cadillac "Sedan", 2000 Teller, acht Motoren, zwei Sicheln, zehn Vorschlaghämmer, sechs Harken, verbleite Körper, Haare.
Technische Installation: Werner Munk
Handlung für Publikum: Nachdem Sie von dem Environment nach Hause zurückkehren, messen Sie Ihre Temperatur. Notieren Sie diese auf einem Zettel mit Datum und Uhrzeit. Legen Sie diese Aufzeichnungen auf einen Teller, fügen Salz hinzu und stellen den Teller auf den Balkon oder Fenster bis zu Ihrem nächsten starken Fieber. Dann zerstören Sie den Teller.
(von: http://www.ulrikeottinger.com)
Sprache: Deutsch