In Südkorea gehört die Hochzeitstruhe, eine massive Holzbox, die mit ebenso geheimnisvollen wie symbolträchtigen Dingen gefüllt wird, zum Auftaktritual jeder Eheschließung. Sie steht am Ausgangspunkt einer Reise, die dieser Film ins heutige Seoul unternimmt. Ulrike Ottinger macht sich in der Megacity auf die Suche nach eigentlich unsichtbaren Traditionen. In der omnipräsenten Hochzeitsindustrie Koreas entdeckt sie das Alte im Neuen - und umgekehrt. Auf sehr unterhaltsame Weise zeichnet der Film das Bild einer Gesellschaft, die in Familienangelegenheiten erstaunlich wertkonservative Traditionen bewahrt hat. Man staunt über die Schönheit der Kleider, die Vielzahl der wundersamen Rituale ebenso wie über die Inszenierungen von perfekten Momenten, die wie Skulpturen fotografiert werden. Eine ganze Welt tut sich auf, wenn die Hochzeitstruhe gleichsam der "Büchse der Pandora" geöffnet wird, wobei sehr gegenwärtige Schicksale ihren Lauf nehmen. In den klimatisierten Nebengemächern des Festsaals werden Braut und Bräutigam von Maskenbildnern für den großen Auftritt geschminkt. Zwischen ihnen, den Brauteltern, den zahlreichen Assistenten und einer staatlich anerkannten Schamanin entspinnt sich ein modernes ethnografisches Filmmärchen. Dorothee Wenner
Ulrike Ottinger→ Biografie anzeigen← Biografie schließen Ulrike Ottinger wuchs in Konstanz am Bodensee auf, wo sie schon früh ihr eigenes Atelier eröffnete. Von 1962 bis 1968 lebte sie als freie Künstlerin in Paris und stellte dort unter anderem im Salon de la Jeune Peinture aus. 1966 entstand ihr erstes Drehbuch mit dem Titel „Die mongolische Doppelschublade“. Nach ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik gründete sie 1969 in Konstanz den „filmclub visuell“ sowie die Galerie und Edition „galeriepress“, in der sie unter anderem Wolf Vostell und David Hockney präsentierte. Mit Tabea Blumenschein realisierte sie 1972-1973 ihren ersten Film LAOKOON UND SÖHNE, der im Arsenal Berlin uraufgeführt wurde. 1973 zog sie nach Berlin. Die Filme von Ulrike Ottinger erhielten zahlreiche Preise, unter anderem den Preis der Publikumsjury Montréal und den Bundesfilmpreis (Visuelle Gestaltung) für JOHANNA D’ARC OF MONGOLIA (1989), oder den Preis der deutschen Filmkritik für die Dokumentarfilme CHINA. DIE KÜNSTE – DER ALLTAG (1986) und PRATER (2008). Ottingers zwölfstündiger Film CHAMISSOS SCHATTEN, der auf den Spuren Adelbert von Chamissos traumhafte Landschaftsbilder, ethnologische Erkenntnisse und persönliche Erfahrungen verbindet, wurde vom Verband der deutschen Filmkritik als bester Dokumentarfilm 2016 ausgezeichnet. Sie wurden auf den wichtigsten internationalen Festivals gezeigt und vielfach in Retrospektiven gewürdigt, u.a. in der Pariser Cinémathèque française und im New Yorker Museum of Modern Art. Daneben arbeitete Ulrike Ottinger auch als Regisseurin für Theater und Oper und inszenierte unter anderem 2000 am Berliner Ensemble die Uraufführung von „Das Lebewohl“ von Elfriede Jelinek. Von Beginn ihrer künstlerischen Laufbahn an widmete sich Ulrike Ottinger ebenfalls der Fotografie und setzt mit ihren Bildern, die meist parallel zu den Filmarbeiten entstehen, eigene visuelle Akzente. Mit ihren Arbeiten war sie an großen Kunstausstellungen wie der Biennale di Venezia, der Documenta und der Berlin Biennale beteiligt. Quelle: www.ulrikeottinger.com