One Hand on Open
Werk
Ein experimenteller Spielfilm.
Tracey Niles sitzt an einem schlichten, weißen Tisch in einem grenzenlosen, monochrom grüngrauen Raum und versucht erfolglos das Spiel Memory zu spielen. Dunkle Ringe umranden ihre Augen. Sie starrt ungläubig und frustriert auf die Rückseiten der Karten, die in perfekter Ordnung vor ihr auf dem Tisch ausgelegt sind. Sie kann sich an nichts erinnern. In einem anderen Raum, einem weiteren unbegrenzten, monochromen Farbfeld, diesmal graublau, findet eine Untersuchung statt. Tracey wird gefragt: „Das letzte mal als Du dich an etwas erinnern konntest, was war das?“ „Es fühlte sich an wie Gewalt... in einem Traum“ „Bist Du sicher dass es deine eigene Erinnerung war?“ Während Tracey langsam versucht zu antworten, langsam, voller Unsicherheit, fransen die Ränder ihres Profils vor dem Hintergrund aus, gerade so, als sei sie dabei sich aufzulösen. „ Ich weiß es nicht, ich versuche etwas herauszufiltern, aus der Gewalt...“ Traceys Auflösung, ihr Trauma, begründet sich in ihrer eigenen, unaussprechlichen Erfahrung als Opfer normalisierender und trennender Gewalt, eine breitere und spezifischere Kategorie von „Hass-Gewalt“. Obschon ihre physischen Verletzungen längst verheilt sind, lässt ihre Erinnerung sie, mental verletzt und verwirrt, im Stich.
Wann wird die traumatische Erinnerung und die Notwendigkeit von Selbstverteidigung zu einer offensiven, territorialen Strategie? Was passiert wen jemand einen Verlust erfährt, den Kontakt mit dem Kontext verliert, mit dem Feind, der normalisierenden Kraft, und dabei einen virtuellen Raum betritt, einen Raum der nur durch Möglichkeit bestimmt wird? Löst sich die Idee des Gettos in einem offenen, potentiellen Raum von selbst auf? Gibt es diesen offenen Ort wirklich oder ist er ein Ort des Denkens? Könnten die kleineren, eher dezenten Unterschiede zwischen Individuen, die offensichtlich, unumgänglich und paradoxerweise durch unaufhörliche Wiederholung und Reproduktion von Gleichheit gemacht werden, für uns von größerer Bedeutung sein als das was wir in unserer Ganzheit als Individuen zu sein vorgeben – namentlich gleich bleibende Subjekte die wie besessen eine Reproduzierbarkeit und Gleichheit der Repräsentation unserer Geschichte, Körper, Fantasien und Traumata hinterher jagen und aufrechterhalten? Im Angesicht solcher Fragen – gibt es da Räume innerhalb derer wir das Leben des Nomaden leben können, auf offene Felder übersiedeln, offen nicht nur für Differenz sondern auch für identifikatorische Praxis, für Freiheit und Bewegung (movement) offen auch gegenüber einer Kritik am Territorialismus einer Selbstverteidigung. Könnte dieser nomadisierende, offene Raum unter Umständen im Kino gefunden oder hergestellt werden?
Wir bewegen uns durch eine komplexe, philosophische Erzählung über Erinnerung, Trauma und Gewalt, mit Tracey Niles, der exotisch militanten Reena Chandrakali, und Faith Eatherton, einer aufmerksam beobachtenden Philosophin. Sie sind die drei Hauptfiguren in diesem abstrakten Drama – oder der dramatischen Abstraktion – über Ort und Zeit, das Selbst und seine Geschichte.
ONE HAND ON OPEN, Pentes und Wheelers erster Spielfilm, schlägt eine einzigartige Kombination von ästhetischen und politischen Annäherungen an experimentelles Filmschaffen vor, mit dem Ziel Verwirrung zu stiften und, innerhalb unterschiedlicher Kontexte, eine Debatte zwischen identitären und nicht-identitären Ansätzen über persönliches Trauma und Erinnerung zu inspirieren. Es ist allerdings wichtig anzumerken, dass der Film nicht nur als intellektuelle Herausforderung an Publikum (und Filmemacher) gedacht ist, hierin Begriffe wie Identität und Trauma neu zu überdenken. Der Film kann eine starke körperliche Erfahrung provozieren, vermittelt für einige Zuschauer/innen vielleicht sogar ein Gefühl von nicht gekanntem Verlust, für andere kreiert er halluzinatorische Fülle.
ONE HAND ON OPEN ist politisches Kino in einem vorübergehenden Vakuum. Hier muss das Vakuum verstanden werden nicht als Abwesenheit aller Dinge, sondern eher als die Anwesenheit aller Möglichkeiten, nicht als Leere in die eingedrungen werden muss um sie zu füllen, sondern vielmehr als hoch aufgeladenes, fruchtbares Unbekanntes. Kino als das Unbekannte, als wolkiger, ontologischer Spiegel, der uns nicht nur uns selbst zeigt, sondern der uns und unsere Identität mit unserem eigenen, positiven Verschwinden konfrontiert. (Pente / Wheeler)
Tracey Niles sitzt an einem schlichten, weißen Tisch in einem grenzenlosen, monochrom grüngrauen Raum und versucht erfolglos das Spiel Memory zu spielen. Dunkle Ringe umranden ihre Augen. Sie starrt ungläubig und frustriert auf die Rückseiten der Karten, die in perfekter Ordnung vor ihr auf dem Tisch ausgelegt sind. Sie kann sich an nichts erinnern. In einem anderen Raum, einem weiteren unbegrenzten, monochromen Farbfeld, diesmal graublau, findet eine Untersuchung statt. Tracey wird gefragt: „Das letzte mal als Du dich an etwas erinnern konntest, was war das?“ „Es fühlte sich an wie Gewalt... in einem Traum“ „Bist Du sicher dass es deine eigene Erinnerung war?“ Während Tracey langsam versucht zu antworten, langsam, voller Unsicherheit, fransen die Ränder ihres Profils vor dem Hintergrund aus, gerade so, als sei sie dabei sich aufzulösen. „ Ich weiß es nicht, ich versuche etwas herauszufiltern, aus der Gewalt...“ Traceys Auflösung, ihr Trauma, begründet sich in ihrer eigenen, unaussprechlichen Erfahrung als Opfer normalisierender und trennender Gewalt, eine breitere und spezifischere Kategorie von „Hass-Gewalt“. Obschon ihre physischen Verletzungen längst verheilt sind, lässt ihre Erinnerung sie, mental verletzt und verwirrt, im Stich.
Wann wird die traumatische Erinnerung und die Notwendigkeit von Selbstverteidigung zu einer offensiven, territorialen Strategie? Was passiert wen jemand einen Verlust erfährt, den Kontakt mit dem Kontext verliert, mit dem Feind, der normalisierenden Kraft, und dabei einen virtuellen Raum betritt, einen Raum der nur durch Möglichkeit bestimmt wird? Löst sich die Idee des Gettos in einem offenen, potentiellen Raum von selbst auf? Gibt es diesen offenen Ort wirklich oder ist er ein Ort des Denkens? Könnten die kleineren, eher dezenten Unterschiede zwischen Individuen, die offensichtlich, unumgänglich und paradoxerweise durch unaufhörliche Wiederholung und Reproduktion von Gleichheit gemacht werden, für uns von größerer Bedeutung sein als das was wir in unserer Ganzheit als Individuen zu sein vorgeben – namentlich gleich bleibende Subjekte die wie besessen eine Reproduzierbarkeit und Gleichheit der Repräsentation unserer Geschichte, Körper, Fantasien und Traumata hinterher jagen und aufrechterhalten? Im Angesicht solcher Fragen – gibt es da Räume innerhalb derer wir das Leben des Nomaden leben können, auf offene Felder übersiedeln, offen nicht nur für Differenz sondern auch für identifikatorische Praxis, für Freiheit und Bewegung (movement) offen auch gegenüber einer Kritik am Territorialismus einer Selbstverteidigung. Könnte dieser nomadisierende, offene Raum unter Umständen im Kino gefunden oder hergestellt werden?
Wir bewegen uns durch eine komplexe, philosophische Erzählung über Erinnerung, Trauma und Gewalt, mit Tracey Niles, der exotisch militanten Reena Chandrakali, und Faith Eatherton, einer aufmerksam beobachtenden Philosophin. Sie sind die drei Hauptfiguren in diesem abstrakten Drama – oder der dramatischen Abstraktion – über Ort und Zeit, das Selbst und seine Geschichte.
ONE HAND ON OPEN, Pentes und Wheelers erster Spielfilm, schlägt eine einzigartige Kombination von ästhetischen und politischen Annäherungen an experimentelles Filmschaffen vor, mit dem Ziel Verwirrung zu stiften und, innerhalb unterschiedlicher Kontexte, eine Debatte zwischen identitären und nicht-identitären Ansätzen über persönliches Trauma und Erinnerung zu inspirieren. Es ist allerdings wichtig anzumerken, dass der Film nicht nur als intellektuelle Herausforderung an Publikum (und Filmemacher) gedacht ist, hierin Begriffe wie Identität und Trauma neu zu überdenken. Der Film kann eine starke körperliche Erfahrung provozieren, vermittelt für einige Zuschauer/innen vielleicht sogar ein Gefühl von nicht gekanntem Verlust, für andere kreiert er halluzinatorische Fülle.
ONE HAND ON OPEN ist politisches Kino in einem vorübergehenden Vakuum. Hier muss das Vakuum verstanden werden nicht als Abwesenheit aller Dinge, sondern eher als die Anwesenheit aller Möglichkeiten, nicht als Leere in die eingedrungen werden muss um sie zu füllen, sondern vielmehr als hoch aufgeladenes, fruchtbares Unbekanntes. Kino als das Unbekannte, als wolkiger, ontologischer Spiegel, der uns nicht nur uns selbst zeigt, sondern der uns und unsere Identität mit unserem eigenen, positiven Verschwinden konfrontiert. (Pente / Wheeler)