Kalamees
Werk
Der Film wurde auf dem Peipus-See gedreht, der die Grenze zwischen Russland und Estland markiert. Sasha ist Fischer. Im Winter angelt er auf den zugefrorenen Seen und Flüssen; wie die Anderen macht er ein Loch in das Eis und bleibt manchmal den ganzen Tag lang in der Kälte, während er auf den Fisch wartet. Er teilt mit den anderen Fischern einerseits die Leidenschaft des gemeinsamen Aufbrechens ins tägliche Abenteuer und andererseits die Einsamkeit, denn alle sitzen bei der Arbeit weit voneinander entfernt und kommunizieren kaum. Sasha wuchs in Iwangorod auf. Seine Mutter hatte eine Wohnung im höchsten Gebäude der Stadt, mit Blick auf den Fluss und die Brücke: Die Grenze. Heute ist Sasha Ende Zwanzig, er arbeitete bis 2008 bei dem Textilhersteller Krenholm in Narva - das jetzt zu Estland gehört - und überquert die russisch-estnische Grenze täglich. Nachts zum Clubbing fährt er nach Sankt Petersburg, lieber als nach Talllinn. Sasha spricht kein Wort Estnisch. Mein Film ist ein Portrait von Sasha, von seiner stillen Fischerei, wie er organisiert ist um der Kälte zu widerstehen. Aber mehr als ein Portrait wird durch seine Geschichte, seine Worte, die Frage der besonderen Situation Iwangorod's gestellt: Was bedeutet es, direkt an der Grenze zu leben? Die Grenze zwischen Russland und Estland, am Rande Europas, die nicht existierte, als Sasha geboren wurde. Sashas Mutter, Olga, erzählte mir einmal, dass sie nicht wisse, wo sie und ihr Sohn hingehörten, irgendwo dazwischen: Esten, die in Russland leben und die nur russisch sprechen? Oder Russen, die in Estland leben? Am gefrorenen See steht Sasha als hätte er die Grenzen überwunden.